Kaum Fälle 2022: Ist das StaRUG gescheitert? 

Kaum Fälle 2022: Ist das StaRUG gescheitert?

Neue Zahlen zeigen, dass die StaRUG-Verfahren im letzten Jahr erneut im niedrigen zweistelligen Bereich lagen. Wir fragen, ob das junge Restrukturierungsmodell damit gescheitert ist. Zudem beleuchten wir, welche Chancen der Ansatz Unternehmen eigentlich bieten kann. 

 

Laut einer gemeinsamen Erhebung des INDat Reports und des Rheinland-pfälzischen Zentrums für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis gab es im Jahr 2022 insgesamt 27 Restrukturierungen nach dem sogenannten StaRUG-Verfahren. Das sind nach wie vor sehr wenige Fälle – kaum eine Steigerung im Vergleich zum Jahr davor, in dem das StaRUG neu eingeführt wurde. Damals waren 22 solcher vorinsolvenzlichen Restrukturierungen gemeldet worden. Deutschlandweit existieren insgesamt 24 Restrukturierungsgerichte, vereinfacht heruntergebrochen ergibt sich damit 2022 gerade einmal etwas mehr als ein Fall pro Gericht. Da die Einteilung in der Praxis natürlich nicht so einfach ist, gibt es auch 2022 wieder Gerichte, an welchen gar kein solcher Fall anhängig war. Wird damit zunehmend deutlich, dass das StaRUG ein gescheitertes Sanierungsmodell ist? 

 

„Die bekannte Anzahl der StaRUG-Fälle ist sehr niedrig, das stimmt. Aber von einem gescheiterten Ansatz würde ich nicht sprechen. Denn Unternehmen müssen ein StaRUG-Verfahren, da es prinzipiell außergerichtlich stattfinden kann, nicht zwangsläufig bei einem Gericht anzeigen. Demnach kann es noch mehr Fälle geben, von denen wir nur nichts wissen. Außerdem war auch die Zahl der Insolvenzfälle 2022 insgesamt noch eher gering – erst gegen Jahresende haben die Insolvenzzahlen leicht angezogen, wobei zu berücksichtigen ist, dass wir von einem niedrigen Niveau kommen. Ähnlich dürfte es auch bei außergerichtlichen Restrukturierungen aussehen“, sagt Dr. Norman Häring, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Partner der Kanzlei Tiefenbacher Rechtsanwälte. Hinzu käme, dass sich das junge Sanierungsverfahren bei den Unternehmen ohnehin noch etablieren müsse. Einer der wenigen bisher bekanntgewordenen Fälle ist dabei der in Schieflage geratene Automobilzulieferer Leoni, der nun über das StaRUG neu aufgestellt werden soll.

 

Führt das StaRUG zu mehr Kompromissen? 

Viele Beobachter sehen beim StaRUG eher eine indirekte Wirkung. Rein dadurch, dass es möglich ist, ein solches Verfahren einzuleiten, dürfte sich die Bereitschaft der Gläubiger zu Kompromissen erhöht haben. Wie das genau zu verstehen ist, erklärt Dr. Norman Häring: „Das StaRUG erlaubt beispielsweise das Kürzen oder Aufschieben von Forderungen – noch entscheidender ist allerdings sein Mehrheitsprinzip. Über Maßnahmen wie die eben genannten wird in Gläubigergruppen abgestimmt. Dabei reicht es, wenn die Zustimmenden für 75 Prozent der betreffenden Forderungen in ihrer Gruppe stehen; dann können die Maßnahmen umgesetzt werden. Wer als Einzelner blockiert, wird im Zweifel überstimmt und muss den Restrukturierungsplan trotzdem mittragen. Deshalb sind sicher viele eher zu einvernehmlichen, außergerichtlichen Lösungen bereit.“ 

 

Speziell für die finanzwirtschaftliche Neuaufstellung 

Die Grenzen des StaRUG sind aber dennoch evident und auch sie dürften einen Teil mit zu der bisher geringen Resonanz beigetragen haben. So gibt es beispielsweise kein Sonderkündigungsrecht für langfristige Verträge, wie es in der Regelinsolvenz oder Eigenverwaltung der Fall ist. Auch Insolvenzausfallgeld wird in einem solchen Verfahren nicht gezahlt. Löhne und Gehälter müssen in der Restrukturierung somit weiter vom Unternehmen selbst getragen werden. Dennoch ist eine Restrukturierung nach StaRUG gerade dann, wenn ein Unternehmen zwar noch zahlungsfähig ist, aber finanzwirtschaftlich dringend neu aufgestellt werden soll, durchaus sinnvoll. 

 

Sie möchten mehr über die Möglichkeiten des StaRUG oder über Alternativen dazu erfahren? Fragen Sie uns. 

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